Wer darf was
bei XING, LinkedIn und Co.?
In den sozialen Medien zeigen wir uns immer mehr – nicht nur als Privatperson sondern auch im beruflichen Kontext. Ob in XING oder LinkedIn – je nachdem, wie man es anstellt, bergen Online-Plattformen große Chancen und einige Risiken für die Karriere. Für Unternehmen und Arbeitnehmer ist ein gutes, glaubwürdiges und interessantes Online-Profil von immer größerer Bedeutung. Da der Arbeitnehmer immer auch als Repräsentant des Unternehmens auf den beruflichen Online-Portalen unterwegs ist stellen sich hierzu immer öfter arbeitsrechtliche Fragen. Wenn sich Arbeitnehmer in den Netzwerken präsentieren und austauschen, sollten sie wissen, was man hierbei tun oder besser unterlassen sollte.
Sebastian Müller aus Hamburg, Rechtsanwalt, Arbeitsrechtler und Geschäftsführer des Verbandes DIE FÜHRUNGSKRÄFTE – DFK, beantwortet die wichtigsten Fragen.
Inhalt und Fragen
Wem gehört das Online-Profil bei XING, LinkedIn und Co.?
Das ist schon eine der Kernfragen der arbeitsrechtlichen Aspekte der Online-Profile. Grundsätzlich sind die Profile in den digitalen Netzwerken persönliche, das bedeutet, dass die Person im Mittelpunkt steht und ich mich als Persönlichkeit präsentieren möchte. Der Account hat dann die private E-Mail-Anschrift hinterlegt. Wenn der Account dann auch noch privat bezahlt wird, kann kein Zweifel bestehen, dass es der persönliche Account des Nutzers ist und die Daten dort auch seine eigenen sind. Bei einer Trennung vom Arbeitgeber wird er seine Profile fortführen und weiter nutzen können.
Einen Unterschied macht es immer dann, wenn in dem Online-Profil Daten vorhanden sind, die der Arbeitgeber zur Fortführung der Tätigkeit im Unternehmen braucht. Diese muss der Arbeitnehmer grundsätzlich zur Verfügung stellen. Wenn zum Beispiel ein Vertriebler Kundenkontakte, die er für den Arbeitgeber bearbeitet hat, aus Outlook mit XING verlinkt hat und nur die funktionierenden Links in dem eingeloggten Profil des bisherigen Mitarbeiters nutzbar sind, dann muss der Mitarbeiter diese dem ehemaligen Arbeitgeber zur Verfügung stellen. In einem solchen Ausnahmefall können also Daten herausverlangt werden, aber auch nur diese bestimmten – es muss nicht der gesamte Account zugänglich gemacht werden.
Rein dienstliche Accounts sind selten. Hier würde der Arbeitgeber den Account zahlen, es gibt ein Corporate Design, Inhalte werden vom Arbeitgeber bestimmt. Wenn dann einmal private Daten eingegeben werden, muss der Arbeitnehmer damit rechnen, dass der Arbeitgeber den Account beanspruchen und fortführen will. Dem Mitarbeiter muss dann aber ermöglicht werden, seine privaten Daten hier herauszuziehen.
DFK - Verband für Fach- und Führungskräfte
Mit über 25.000 Mitgliedern in Deutschland ist der Verein Forum, Interessenvertretung und Lobby für Fach- und Führungskräfte aller Branchen mit vielfältigen Beratungs-Angeboten.
Alle Informationen auf www.dfk.de
Was darf ein Arbeitnehmer mit seinem Profil machen?
Eines steht fest: So vielfältig wie die Kommunikationsmöglichkeiten sind, so vielfältig können nun die arbeitsrechtlichen Rechte und Pflichten zu Tage treten. Die Kommunikation in den sozialen Netzwerken treibt das Arbeitsrecht gewissermaßen „auf die Spitze“, denn hier wird im Online-Kosmos all das, was ohnehin schon in der Kommunikation mit dem Arbeitgeber gilt, noch einmal tiefer manifestiert.
Das bedeutet: Das was man offline nicht zu seinem Chef sagen sollte, sollte man auch in Online-Profilen nicht sagen. Online-Einträge und -Aktivitäten können eine wirksame Kündigung des Arbeitgebers begründen – es sind letztendlich öffentlich, und gerade nicht privat (vergleichbar mit dem Gespräch mit einem Freund), getätigte Äußerungen. Dagegen hilft es auch nicht, wenn man nicht mit dem Arbeitgeber z.B. auf Facebook „befreundet“ ist. Im Einzelfall kann es ausreichen, dass der Arbeitgeber die Einträge/Aktivitäten über Dritte sieht.
Eine echte Gefahr geht der Arbeitnehmer bei der Verletzung von Loyalitätspflichten, Beleidigungen des Arbeitgebers, selbst bei der Nutzung des „Gefällt mir“-Buttons an der falschen Stelle ein.
Hier muss man regelmäßig abgrenzen, welche Äußerung noch von der Meinungsfreiheit gedeckt ist und welche nicht. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) sagt, dass Äußerungen in der Regel rechtmäßig sind, wenn diese nur ein Werturteil darstellt („die reine Mobbing-Hölle hier“), oder wenn sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die Äußerung durch Elemente des Meinens geprägt sind („die Arbeitsaufträge von Herrn X. kann kein Mensch verstehen“). Das gilt unabhängig vom verwendeten Medium und unabhängig davon, ob die Meinungsäußerung rational oder emotional, begründet oder unbegründet oder scharf und überzogen ist (BAG, Urt. v. 18.12.2014, Az.2 AZR 265/14).
Es ist aber Vorsicht geboten. Bei Beleidigungen muss man natürlich den Einzelfall sehen. Stets unzulässig sind aber bewusst falsche Tatsachenbehauptungen, Formalbeleidigungen oder Schmähkritik. Grenzen werden regelmäßig dann beispielsweise überschritten, wenn der Arbeitnehmer sich dazu hinreißen lässt, die Verhältnisse im Betrieb mit denen in einem Unrechtsstaat („Stasi-Methoden“) oder der Nationalsozialistischen Herrschaft („wie im Dritten Reich“) zu vergleichen. In dem Zusammenhang kann auch nur davor gewarnt werden, wenn man diese Äußerung nicht selbst macht, aber durch einen Klick auf den “Gefällt mir”-Button diese Aussage zu seiner macht. Auch dies haben Gerichte bereits als schwere Pflichtverletzung angesehen.
Unter einer Verletzung der Loyalitätspflichten meine ich beispielsweise den Fall, dass eine Arbeitnehmerin sich bei ihrem Chef krank gemeldet hatte und dann nach Mallorca geflogen war. Auf Facebook hatte sie gepostet: „Ab zum Arzt und dann Koffer packen.“ Die Arbeitnehmerin berief sich auf eine Empfehlung ihres Arztes. Der Aufenthalt auf der Ferieninsel sei positiv für den Heilungsverlauf gewesen. Letztlich ist es dann egal, wie der Arbeitgeber von dieser Äußerung erfährt, er hat aber dann genug Anhaltspunkte, dass die Arbeitnehmerin gar nicht erkrankt war. Das können Gerichte in einem solchen Fall genauso sehen und zumindest den Verdacht im Rahmen einer Verdachtskündigung annehmen, dass hier gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen wurde und eine Kündigung gerechtfertigt sein kann.
Schließlich noch der deutliche Hinweis, dass die Äußerung nicht unbedingt mit dem Arbeitgeber in Zusammenhang stehen muss. Wenn es sich um eine besonders verwerfliche Äußerung handelt, ist der Arbeitgeber insofern betroffen als er nicht dulden muss, dass einer seiner Arbeitnehmer sich derart in der Öffentlichkeit äußert, da er dann selbst hierdurch Schaden nimmt. Schlimmstes Beispiel ist dafür die Äußerung eines Porsche Azubis, der, als die Freiwillige Feuerwehr des österreichischen Feldkirchen ankommende Flüchtlinge mit einer Abkühlung durch Wasserfontänen begrüßte, zu dem entsprechenden Foto kommentierte: „Flammenwerfer wäre da die bessere Lösung gewesen“. Porsche erlangte davon Kenntnis und kündigte ihm fristlos – völlig zurecht.
Was darf ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern vorgeben?
Dies hängt natürlich von der Kategorisierung ab – ist es ein persönliches oder dienstliches Profil? Wenn es, wie schon dargelegt und wie in den meisten Fällen, ein persönliches Profil ist, dann darf der Arbeitgeber kaum Einfluss nehmen im Sinne von festen Vorgaben, was ein Arbeitnehmer zu posten hat. Letztlich muss der Arbeitnehmer die oben genannten Grenzen einhalten.
Eine Anweisung der Mitarbeiter im Rahmen des Direktionsrechts zu einem bestimmten Verhalten in sozialen Netzwerken kommt also grundsätzlich nicht in Betracht. Etwas anderes kann für Mitarbeiter gelten, denen eine herausragende Funktion als Repräsentant und für die Öffentlichkeitsarbeit des Unternehmens zukommt. Hier kann ausnahmsweise eine Pflicht zur Anmeldung in einem bestimmten Netzwerk (z.B. XING) als Neben- oder auch Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsvertrag in Betracht kommen. Das ist aber eine Ermessenssache.
Wie können Arbeitnehmer und Arbeitgeber konstruktiv zusammenarbeiten?
Immer mehr Arbeitgeber verstehen, dass Ihre Mitarbeiter die besten Botschafter sind. Dafür wird zum Beispiel eine Employer Branding Strategie entwickelt. Um allen eine bessere Orientierung zu geben, was für das Unternehmen und den Arbeitnehmer sinnvoll sein kann, in Online-Portalen zu posten, gibt es immer öfter Social-Media-Guidelines oder spezielle Betriebsvereinbarungen. Sie bietet eine bessere Chance zur Kommunikation zwischen Unternehmen und Mitarbeitern und vor allem für das Unternehmen nach Außen über den verlängerten Arm der Mitarbeiter, um sich als Unternehmen in sozialen Medien positiv zu positionieren.
Regelungspunkte für eine Social Media Guideline können sein:
- Erlaubnis/Verbot/Grenzen der Nutzung während der Arbeitszeit
- Hinweis auf einzuhaltende Rechtsrahmen wie
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Datenschutz, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht usw. - Regelung zur IT-Sicherheit
- Anzeigepflichten und Kennzeichnung privater Meinungen
- Umgang mit Accounts- und Kundendaten beim Ausscheiden
So haben beide Seiten Sicherheit und jeweils Vorteile von den Aktivitäten des anderen im Netz.
Woran muss ich noch denken, wenn ich meine Online-Accounts anlege?
Ich empfehle, eine private Mailadresse zu hinterlegen. Das ist nicht nur für das Indiz, wem der Account gehört, wichtig. Es ist auch beispielsweise dann wichtig, wenn der Arbeitsvertrag endet. Es ist schon vorgekommen, dass einem Arbeitnehmer überraschend fristlos gekündigt wurde, dieser seine Dienst-Mail bei XING hinterlegt hatte und alle privaten Nachrichten auch per Mail auf den Dienst-Account gingen. Man kann sich vorstellen, dass bei einer fristlosen Kündigung viele Kollegen per XING-Nachricht nachgefragt haben, was denn passiert ist und genau diese Konversationen konnte dann der Arbeitgeber auf dem Dienst-Account mitlesen. Dann hatte nicht nur der Gekündigte ein Problem, sondern auch einige sich zum Teil in diesen Nachrichten mit ihm solidarisierende Mitarbeiter. Ob es zulässig ist, dass der Arbeitgeber mitliest? Wenn der Dienst-Account nur dienstlich genutzt werden durfte, dann darf auch der Arbeitgeber davon ausgehen, dass die Mails, die darin eingehen, dienstlich sind – also darf er diese auch lesen. Und zudem: Der Arbeitgeber wird dies meist gar nicht offen legen – und Sie merken das gar nicht. Überlegen Sie also gut, wem Sie auf welcher Plattform wann etwas schreiben. Sie wissen nicht, wie unbedacht derjenige mit seinen Daten umgeht.
Wie ist das mit dem Impressum?
Die Rechtsprechung statuiert wegen § 5 Telemediengesetz eine Impressumspflicht für Profile bei XING, LinkedIn und sogar Twitter. Immer vorausgesetzt, dass das jeweilige Profil zumindest auch geschäftlich genutzt wird.
Fehler in der Anbieterkennzeichnung können Mitbewerber abmahnen. Unternehmensinhaber, Freiberufler und Geschäftsführer sollten also immer über ein korrektes Impressum verfügen. Werben Sie mit dem Profil für Ihren Arbeitgeber, dann sollten aber auch Sie handeln: Auch Arbeitnehmer sollten als Inhaber eines XING- oder LinkedIn-Profils sicherheitshalber immer ein Impressum in ihr Profil einbinden, sofern das Profil auch geschäftlich genutzt wird.
Weitere Informationen zu Thema und Autor
- Sebastian Müller in den sozialen Medien
XING | LinkedIn | Twitter - Der Verband DIE FÜHRUNGSKRÄFTE
www.die-fuehrungskraefte.de - YouTube-kanal von DIE FÜHRUNGSKRÄFTE
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