Bewerben in Österreich – darauf sollten Fach- und Führungskräfte achten

artikelbild2Als Bewerbungsfee unterstützt Susanne Huber-Schwarz aus Inzing bei Innsbruck Fach- und Führungskräfte in Österreich und Deutschland mit aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen. Wir durften sie in einem Online-Interview befragen, ob es Unterschiede im Bewerbungsprozess in den beiden Ländern gibt.

Frau Huber-Schwarz, Sie helfen Bewerbern aus Österreich und Deutschland dabei, sich mit übersichtlich gestalteten und informativen Unterlagen zu bewerben. Gibt es in diesem Zusammenhang etwas, das deutsche Bewerber besonders beachten müssen, wenn sie sich in Österreich bewerben?

Diese Frage kann ich nur beantworten, indem ich mehrere Aspekte miteinbeziehe. Wenn es rein um die Bewerbungsunterlagen geht, kann ich sagen, dass es damit in Österreich einfacher ist. Man kennt ein Anschreiben und einen Lebenslauf. Ende. In Deutschland verfassen manche Bewerber eine sogenannte “Dritte Seite”, die mitunter auch “Kurzprofil” oder “Qualifikationsprofil” genannt wird. Die Dritte Seite ist dazu da, in aller Kürze zu beschreiben, wer man ist und was einen zur angestrebten Position qualifiziert.

Die genannten Begriffe kennt kaum jemand in Österreich. Und dass man sich in Deutschland zusätzlich mit einem Kurzprofil bewirbt, mag an der Fülle der Bewerber und somit auch an der hohen Konkurrenzdichte für Fach- und Führungskräfte liegen. Denn das merke ich auch bei Studenten, die nach einem Studium in Österreich nach Deutschland zurückkehren. Sie wissen ganz genau, welch Konkurrenzdruck sie dort erwartet und sind manchmal auch recht nervös deswegen.

Welche sind die anderen Aspekte, die Sie angesprochen haben?

Hier muss ich in die österreichische Seele “eintauchen”. In Österreich ist einerseits alles etwas gemütlicher. Ein Bewerbungsgespräch beginnt mit einer belanglosen Plauderei. Dafür ist es für einen deutschen Bewerber bestimmt von Vorteil, wenn er sich schon ein wenig in der Umgebung auskennt, in der er künftig leben und arbeiten will. Andererseits ist der Umgangston in Österreich etwas förmlicher. Darauf müssen deutsche Bewerber wirklich achten! Auch wenn ich selbst strikt gegen zu viel vermeintlich höfliche Floskeln à la “Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mich zu einem Vorstellungsgespräch einladen würden” bin, braucht es in der österreichischen Sprache etwas Fingerspitzengefühl. Vorsicht vor Übertreibungen! Sehr selbstbewusst wirkende Formulierungen wie “Ich bin davon überzeugt, Ihrem Anforderungsprofil in allen Punkten zu entsprechen” können Minuspunkte einbringen.

Vor welchen Herausforderungen stehen Bewerber für gehobenere Stellen aus Ihrer Sicht gerade?

Kürzlich habe ich zwei Studentinnen zugehört, die sich über ihre Berufsabsichten unterhielten. Sie waren sich einig: Ein Bachelor-Abschluss sei zu wenig, um Karriere zu machen. Der Leistungsdruck ist in Österreich sehr hoch; er beginnt in höheren Schulen und setzt sich an Universitäten und Fachhochschulen fort. Ist das Studium beendet, wird es aus meiner Sicht für junge Bewerber leider absurd: Ein guter Abschluss ist schön, aber nun fehlt die Berufspraxis! Jungen Bewerbern wird es sehr oft nicht zugetraut, eine anspruchsvolle Position zu bekleiden. Gut qualifizierte Bewerber, die schon einige Jahre Berufspraxis vorzuweisen haben, stehen vor dem nächsten Problem: Sie begegnen Führungskräften, die die “Das-haben-wir-immer-schon-so-gemacht”-Mentalität voll ausleben. Hier wird es richtig schwer, sich zu beweisen.

Traurig: Österreich hinkt in puncto Digitalisierung anderen Ländern enorm hinterher. Wenn jetzt auch noch ein Bewerber kommt, der super qualifiziert ist, über Berufspraxis verfügt und noch dazu eine Fülle von digitalen Kompetenzen mitbringt, die der Vorgesetzte nicht einmal in Ansätzen hat, braucht es eine gute Strategie, um sich durchzusetzen.

Gibt es in Österreich besondere Gegebenheiten und Erwartungen im Arbeitsmarkt, die durch lokale Dienstleister wie Sie erfüllt werden können?

Vielen Dank für diese Frage! Es ist mir ein echtes Anliegen, mit meinem Bewerbungsservice bewerbungsfee.at in Österreich etwas zu bewegen. Zum einen möchte ich vor allen Dingen Bewerbern, die sich für weniger gehobene Stellen bewerben, vor Augen führen, wie wichtig gute Bewerbungsunterlagen für einen gelungenen Auftritt sind. Mein Credo: Ein wohl formulierter Brief drückt Wertschätzung aus!

Erhält mein Gegenüber ein gut verfasstes Anschreiben und einen Lebenslauf, der zeigt, dass sich der Bewerber wirklich Mühe damit gegeben hat, kommt viel Positives retour. Eine gute Schreibkultur zu pflegen bringt auch Erfolg im Geschäftsleben! Zum anderen – und das betrifft vor allem Bewerber für Führungspositionen – sind Arbeitgeber sehr froh, wenn sie Bewerbungsunterlagen sichten dürfen, die sich deutlich von Standardbewerbungen unterscheiden.

In welcher Form unterscheiden sich Ihre Bewerbungsunterlagen von Standardformaten?

Bei mir beginnen die Unterschiede – wie schon angesprochen – beim Brief. Dafür habe ich eine eigene Methode entwickelt. Meine beruflichen Wurzeln liegen im Direktmarketing. Die Dialogmethode des deutschen Direktmarketing-Pioniers Prof. Dr. Siegfried Vögele ist mir sozusagen in Fleisch und Blut übergegangen. Für Bewerbungsschreiben kombiniere ich diese Methode mit den Prinzipien des Kommunikations-Quadrats von Friedemann Schulz von Thun.

Was den Lebenslauf betrifft, so sage ich immer: Der Lebenslauf ist wie ein Prospektblatt, der sämtliche Vorteile und Nutzen, den der Bewerber dem künftigen Chef bieten kann, ansprechend darstellt. Ich packe in den Lebenslauf auch Soft Skills der Bewerber, ernte am Anfang dafür großes Staunen, am Ende jedoch viel Lob – eben auch von den Arbeitgebern. Eine Bewerbung “von der Stange” enthält diese individuellen Komponenten nicht.

Was bieten Sie darüber hinaus an?

Eigentlich bin ich Texterin und beruflich im Direktmarketing aufgewachsen. Direktmarketing ist keine leichte Schule! Immerhin muss man es schaffen, den Leser auf einer einzigen DIN A4-Seite von seinem Angebot zu überzeugen. Das Know-how, kurz und knapp zu formulieren, hilft mir eben bei Bewerbungsschreiben, bei SEO-Texten für Webseiten, bei Print-Texten und natürlich bei Direct Mails. Es gelingt mir sehr gut, das Wesentliche zu erfassen, egal, ob es sich um ein Produkt, um eine Dienstleistung oder um einen Bewerber handelt.

Welche Tipps und Empfehlungen haben Sie für Angestellte, die sich vorerst passiv nach einer neuen Stellung umsehen wollen?

Es gibt sehr gute Jobplattformen, in deren Adressliste man sich eintragen lassen kann und automatisch benachrichtigt wird, sobald eine Stelle in dem Bereich ausgeschrieben ist, für den man sich interessiert. Wenn man einige Zeit lang mitliest, bekommt man ein Gespür dafür, wie gut es beispielsweise um die Kommunikationskultur im Unternehmen bestellt ist. Stellenanzeigen haben ja auch ihre eigene Sprache – mit mehr, weniger oder gar keinen Floskeln. Ein Beispiel für eine österreichische Jobplattform ist www.tirolerjobs.at.

Sich passiv umsehen schließt auch ein, sein Profil in einem beruflichen Netzwerk wie XING zu pflegen. Unter “Ich biete” können Fach- und Führungskräfte ihre Qualifikationen mit Keywords hinterlegen, nach denen Recruiter gezielt suchen. Im Portfolio bei XING lassen sich auch Lebenslauf, Arbeitsproben oder sogar Videos hinterlegen. Zudem können Bewerber ihre Karrierewünsche angeben und dabei festlegen, wer die Informationen sehen darf.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei Ihrer Arbeit als Bewerbungsfee!

Weitere Informationen zu Thema und Autorin

  1. Susanne Huber-Schwarz in den sozialen Medien
    XING | LinkedIn
  2. Die Bewerbungsfee online
    bewerbungsfee.at/
  3. Übersicht mit Job- und Karriereportale
    https://www.die-profiloptimierer.de/karriere-portale-stellenboersen-jobsuchmaschinen/